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Die kalte Jahreszeit im brasilianischen Süden

Veröffentlicht: 15. August 2013 - 21:39h | Aktualisiert: 26. August 2013 - 13:05h | Kategorie: Brasilien Landes-Infos

15355871Brasilien verbinden die meisten Menschen mit Sonne, Strand, Caipirinha und unbeschwerter Leichtigkeit in tropischen Gefilden. Dabei kann es in dem gigantischen Land, welches sich immerhin über rund 35 Breitengrade erstreckt, auch durchaus kalt werden. Im subtropischen Süden sind die Jahreszeiten deutlich spürbar, vereinzelt ist dann im Winter sogar Frost und Schneefall angesagt. Im Norden und Nordosten hingegen unterscheidet man bei ganzjährigen Temperaturen von 25 Grad in der Nacht und 35 Grad am Tag nur noch zwischen Regen- und Trockenzeit.

Hier am Äquator und knapp unterhalb desselbigen braucht man weder Heizofen noch dicke Kleidung. Ein paar T-Shirts, Shorts und die obligatorischen Badeschlappen – besser bekannt nach dem Marktführer Havaianas – reichen für das tägliche Leben vollkommen aus, muss man nicht unbedingt auf der Arbeit entsprechend angezogen erscheinen. Im Südosten und Süden hingegen brummt das Geschäft mit dicken Wollsachen. Denn die Brasilianer sind auch dort fast das ganze Jahr über warme Temperaturen gewöhnt. Und fällt beispielsweise das Thermometer in Rio de Janeiro deutlich unter 20 Grad, werden Handschuhe und Wollmützen herausgekramt. Dicke Wolldecken finden dann reissenden Absatz, auch Heizlüfter werden an solchen Tagen stark nachgefragt.

Kommt man in den Süden Brasiliens, stehen die Menschen extrem niedrigen Temperaturen schon deutlich aufgeschlossener gegenüber. Hier sinkt das Quecksilber regelmässig zwischen Mai und September unter 10 Grad, dicke Winterkleidung findet sich daher fast in jedem Kleiderschrank. Doch nur an wenigen Tagen im Jahr und nur bei ganz spezieller Wetterlage nähert sich die Temperatur der 0-Grad-Marke. Meist ist es dann sternenklar, so dass neben einer dominierenden Kaltfront aus der Antarktis auch die Kälte des Universums die unteren Luftschichten einzufrieren scheint. Im Morgengrauen sind dann die Felder und Wiesen im Hinterland mit Raureif überzogen. Solch ein Kälteeinbruch kommt selbst in niederen Regionen schon mindestens einmal in jedem Winter vor, in Lagen über 500 Meter dementsprechend häufiger.

15457636Deutlich seltener ist allerdings Schnee, denn eine geschlossene Wolkendecke lässt oftmals die Temperaturen nur bis knapp über den Gefrierpunkt fallen. Wenn die Konstellation jedoch stimmt, dann kann man wie in diesem Jahr auch in Brasilien spektakuläre Winterlandschaften erleben. Natürlich beschränkt sich die weisse Pracht auf das Landesinnere und Höhenlagen, direkt an der Küste ist es ohnehin immer deutlich wärmer. Zudem bleibt der Schnee am Morgen selten lange liegen, Schlafmützen können das Spektakel damit schnell einmal verpassen.

Im Winter 2013 konnte man jedoch ein seltenes Phänomen beobachten: In Curitiba sowie im Großraum Florianópolis fiel tagsüber Schnee in über 100 Städten und Gemeinden der Bundesstaaten Rio Grande do Sul, Santa Catarina und Paraná. Das war aus meteorologischer Sicht nicht nur äußerst selten, sondern zudem Auslöser für ein regelrechtes Chaos auf den Straßen – es mussten nachts teilweise mehrere Hauptverkehrswege gesperrt werden, nachdem es zu zahlreichen Verkehrsunfällen gekommen ist. Während beispielsweise in der Schweiz vielerorts Schneeketten an den Tankstellen erhältlich sind und man sich ganzjährig Winterreifen nach Hause liefern lassen kann, ist das in Brasilien aufgrund des geringen Schneefalls nicht möglich. Die Autofahrer bleiben im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke (liegen).

Selbst in der Megacity São Paulo wurde im Juli dieses Jahres mit 8,7 Grad über Null der kälteste Tag seit 52 Jahren registriert. Und in Manaus am Amazonas sank das Thermometer zur gleichen Zeit auf knapp 18 Grad, was fast einen regionalen Notstand auslöste. Und im Mittelwesten, der Region zwischen den beiden vorgenannten Metropolen, wurden in über einem Dutzend Städte neue Tiefstwerte registriert. Diese Phänomene sind ausschliesslich einer besonderen Wetterlage über den Südatlantik zu verdanken, bei der kalte Polarluft in Richtung Nordwesten und damit diagonal durch fast ganz Brasilien zieht.

Wer also im europäischen Sommer nach Brasilien reist und aus dem Nordosten einen Abstecher in den Süden machen will, sollte vorsorglich einen Pulli mit einpacken. Eine polare Kaltfront kann sich zwar nie länger als zwei oder drei Tage festsetzen, sie kommt jedoch auch nie zur gleichen Zeit. Manchmal ist es schon im Mai bitterkalt, in einem anderem Jahr muss man bis Ende August warten. Und wenn man in eine solche „Frente Fria“ hineingerät, dann revidiert man womöglich ganz schnell sein Bild von Brasilien als exotisches und tropisches Paradies.

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